Warum Handschrift Ihr Gehirn pusht
Tippen ist schnell, effizient und leserlich; Schreiben mit der Hand dauert und ist in vielen Fällen schwer zu entziffern? Oft werden diese Argumente angeführt, wenn es um die Vor- und Nachteile des Schreibens mit der Tastatur und mit der Hand geht. Doch was passiert eigentlich beim Tippen und beim Schreiben mit der Hand? Welche Gehirnareale werden jeweils aktiviert? Und gibt es daher beim Erlernen einer Sprache deutliche Vorteile für das eine oder andere?
Was beim Schreibvorgang mit Tastatur und Stift passiert
Wer tippt, der bringt soeben Gehörtes oft ungefiltert und nur geringfügig verändert direkt aufs digitale Papier. Das ist schnell, bleibt nah am Original und entspricht somit einer Transkription. Gleichzeitig vollführen unsere Finger beim Tippen immer dieselben Bewegungen: Nach oben und wieder auf die einzelnen Tasten nach unten.
Im Gegensatz dazu führen unsere Finger beim Handschreiben vielfältige Bewegungen aus: Runde Bögen, Schleifen, Kreise, gerade Striche, Punkte und Wellen. Da wir mit der Hand zudem deutlich langsamer schreiben als gesprochen wird, ist es notwendig, das soeben Gehörte im Gehirn so zu verarbeiten, dass wir dessen Kernaussage in möglichst kurzen, eigenen Worten niederschreiben können. Das bedeutet, dass wir beim handschriftlichen Schreiben das neue Wissen noch vor dem Schreibvorgang durchdenken, bewerten und in eine möglichst kurze Essenz umformulieren müssen.
Mit der Hand zu schreiben dauert daher zwar länger als zu tippen, doch diese Zeit nutzt unser Gehirn sehr effizient, um neues Wissen zu verarbeiten und in seiner inhaltlichen Kernbotschaft abzuspeichern. Dass dabei zeitgleich verschiedenste Bewegungen mit den Fingern ausgeführt werden, baut der Erinnerung an das Niedergeschriebene ein neuronales Fundament im Gehirn. Denn die Kombination von Zuhören, Durchdenken, Bewerten, Neuformulieren und Schreibmotorik aktiviert unterschiedlichste Gehirnareale, verknüpft somit kognitive, motorische und kreative Gehirnprozesse miteinander und führt dazu, dass das neue Wissen in verschiedenen neuronalen Bereichen abgespeichert wird.
Sprache leichter lernen durch Handschrift
Seien Sie ehrlich: Bekommen Sie auf Ihrem Laptop ein Vokabelschema zu Wortfamilien genauso schnell aufs digitale Blatt wie per Hand? Wahrscheinlich nicht, denn bis Sie alle richtigen Befehle auf der Tastatur und in der Software gefunden und richtig auf dem Blatt angeordnet haben, ist das Wortfamilienschaubild mit der Hand bereits in vielen Farben auf dem Papier. Dies zeigt schon, dass das Schreiben mit der Hand nicht nur viel kreativer ist als das Schreiben mit der Tastatur, sondern gerade bei Zeichnungen auch sehr viel schneller.
Gleichzeitig schafft das Schreiben jedes einzelnen Buchstabens mit der Hand Vernetzungen zu ähnlichen Wörtern und Wortstämmen im Gehirn. Das Ergebnis: Neue Wörter werden schneller in vorhandenes Wissen eingebettet und bleiben daher nachhaltiger im Gedächtnis.
Also nur Mut! Trauen Sie sich, neue Wörter und Ihre Ideen und Gedanken dazu mit dem Stift aufs Papier zu bringen! Sie werden sehen: Nicht nur Ihr Wortschatz wird kontinuierlich wachsen, sondern auch Ihre Fähigkeit, sich in Ihren eigenen Worten in der neuen Sprache individuell auszudrücken – das ist zumindest meine persönliche Erfahrung! Daher habe ich auch Mein Wortschatz entwickelt. Als Sprachjournal bietet es Ihnen viel Raum für Ihre eigenen Gedanken und motiviert Sie, handschriftlich neue Wörter zu üben. Mit Mein Wortschatz lernen Sie motiviert, selbstreflektiert, alltagsrelevant und praxisnah. Probieren Sie es einfach aus und lernen Sie von der Hand zum Herzen in den Kopf!
Viel Spass wünscht Ihnen
Ihre Olga Mühlethaler