Das sollten Sie über die Fasnacht in der Schweiz wissen
Wenn die Tschägätta im Chesslete tanzt, dann ist es an der Zeit, dass König Rabadan den Schlüssel der Stadt übernimmt. Sie verstehen nur Bahnhof? Keine Sorge! In meinem Interkulturellen Training werfen wir gemeinsam einen Blick auf die Fasnacht in der Schweiz und lernen nicht nur deren kulturelle Besonderheiten kennen, sondern auch die wichtigsten Vokabeln zum Mitfeiern. Also, was ist Fasnacht überhaupt? Wie hat sie sich entwickelt? Und welche Bedeutung haben die närrischen Tage für die Schweizer*innen?
Die Fasnacht: Eine Mischung heidnischer und christlicher Bräuche
Im christlichen Europa ist es bereits seit dem Mittelalter Brauch, vor dem Osterfest eine mehrwöchige Fastenzeit einzulegen, um an die 40 Tage, welche Jesus in der Wüste verbrachte, zu erinnern. Doch bevor die Christen in die Fastenzeit starteten, feierten sie das Entfernen des Fleisches (lat. carnem levare => Karneval) und die Nacht vor dem Fasten (Fastnacht oder Fasnacht).
An vielen Orten in Europa entwickelten sich unterschiedlichste Fasnachtsbräuche und die Feierlichkeiten boten zudem Raum, um sich hinter Masken zu verstecken und die Obrigkeit zu kritisieren. So verkleideten sich die Menschen zum Beispiel aus Protest gegen die Kirche schon vor Jahrhunderten als Teufel, Hexe und Narr – eine Verkleidung, die heute in fast jedem Fasnachtsverein genauso anzutreffen ist wie die Schnitzelbängg, die Büttenredner. Gleichzeitig fanden aber auch viele heidnische Bräuche, wie z. B. die Guggenmusik, die mit Kuhhörnern, Rasseln, Pfeifen und Trommeln den Winter vertreiben soll, Einzug in die Fasnachtskultur.
So feiert die Schweiz die fünfte Jahreszeit
Eigentlich beginnt die Fasnacht traditionell am 11.11. (Martinstag) um 11.11 Uhr. Denn einerseits begann am Martinstag eine weitere Fastenzeit vor Weihnachten. Andererseits symbolisiert die Zahl 11 jenen Zustand, der eintritt, wenn man sich nicht an die 10 Gebote hält, also: Exzess, Grenzüberschreitung und Narreteien. Dabei startet das schweizerische Büren an der Aare als erster Schweizer Ort pünktlich zu Neujahr am 01.01. in seine Fasnachtssaison. Viel mehr Zeit als der Rest der Welt lässt sich das kleine Ermatingen am Bodensee. Dort wird die traditionelle Groppenfasnacht als „letzte Fasnacht der Welt“ erst am 15. März gefeiert. Sie sehen also, die Fasnacht kann sich über mehrere Monate hinziehen, warum sie auch gerne zur fünften Jahreszeit erklärt wird. Dabei beweisen folgende Schweizer Städte ein jahrhundertealtes Brauchtum:
Basler Fasnacht: Immaterielles UNESCO Weltkulturerbe
Wo bereits in heidnischer Vorzeit zum Winteraustrieb getanzt und gefeiert wurde, da finden heute die von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe ernannten „drey scheenschte Däägi“ statt: So wird am Aschermittwoch pünktlich um 4 Uhr morgens mit dem traditionellen Morgenstraich-Marsch die Basler Fasnacht inklusive Räppliregen (Konfettiregen), trommelnden Cliquen, Schnitzelbanksängern, Waggis (Figur mit grosser Nase) und Alti Tante (elegante Figur) in der völlig dunklen Innenstadt stimmungsvoll eingeläutet.
Lötschentaler Fasnacht mit der berüchtigten Walliser Tschägättä
Diese Hexe ist eine ganz besonders gruselige und verhält sich auch so: Sie hat ihren ersten grossen Auftritt am 2. Februar (Maria Lichtmess) und damit genau 40 Tage nach Weihnachten. Mit ihrer gruseligen Maske aus Kiefernholz und ihrem Kostüm aus Ziegen- und Schaffellen inklusive Kuhglocke verfolgt die Tschägättä Zuschauer, um sie mit Schnee und Russ einzureiben. Dabei gehört die Tschägättä zu den ältesten Schweizer Fasnachtsfiguren.
Luzerner Fasnacht: Wenn der Fritschi knallt
Ebenfalls früh stehen die Fasnachtler in Luzern auf, nämlich am Schmutzigen Donnerstag um 5 Uhr morgens. Dann schifft sich der „Fritschi“ (alter Mann mit Frau und Sohn) auf dem Vierwaldstättersee mit einem lauten Knall, dem „Big Bang“, ein. Weitere Höhepunkte sind die drei grossen Stadtumzüge: der Fritschiumzug am Schmotzigen Dunschtig, der Weyumzug am Fettmontag (Rosenmontag) und der Monstercorso am Fettdienstag.
Solothurner Fasnacht: Fast wie in Honolulu
Bereits am 13. Januar wird Solothurn jedes Jahr in Honolulu umbenannt, da – wie ja sicher jeder weiss – die hawaiianische Hauptstadt genau gegenüber auf der Erdkugel liegt. Auf der „Eselstrasse“ (Strasse zum Rathaus) wird am Schmutzigen Dunschdig mit der Chesslete (lärmender Umzug) die Stadt um 5 Uhr morgens geweckt und mit Maskenbällen, Guggemusik und Umzügen bis zur Verbrennung des Bööggs am Aschermittwoch wachgehalten.
Fasnacht in Bellinzona: Der Rabadan rund ums Risotto
In der Tessiner Kantonshauptstadt Bellinzona übernimmt der König Rabadan (piemontesisch für „Lärm“) am Schmotzigen Dunschdig den Schlüssel zum Rathaus und gibt ihn bis Aschermittwoch nicht mehr her. Zwischendurch werden Tauzieh-Turniere und Guggemusik-Konzerte veranstaltet. Den Höhepunkt bildet jedoch der traditionelle Grande Corteo Mascherato, ein Umzug mit Festwagen und maskierten Gruppen. Dabei stärken sich die Fasnachtler traditionell mit Risotto und Luganighe (Grillwürsten), die an vielen Ständen verkauft werden.
Interkulturelles Training: Brauchtum, Land und Leute mit dem Herzen verstehen
In meinem Interkulturellen Training spielen neben den Grundlagen interkultureller Kommunikationsprozesse, der Vermittlung von kulturellen Werten und Normen auch Bräuche wie die Fasnacht eine grosse Rolle. Denn sie ergänzen das Wissen um die Schweizer Kultur und tragen dazu bei, diese besser zu verstehen und sie auch für sich selbst zu entdecken. So erreichen wir, dass Sie auch mit dem Herzen erfolgreich in der Schweiz ankommen. Seien Sie also neugierig!
Ich freue mich auf Sie,
Ihre Olga Mühlethaler